Der Bundesrat beschliesst nationale Gleichstellungsstrategie

An der Sitzung vom 28. April 2021 hat der Bundesrat die Gleichstellungsstrategie 2030 verabschiedet. Es handelt sich hierbei um die erste nationale Strategie des Bundes, die das Ziel verfolgt, die Gleichstellung der Geschlechter gezielt zu fördern. So sollen sich die Förderung der Gleichstellung im Erwerbsleben, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Prävention von Gewalt sowie die Bekämpfung von Diskriminierung verbessern.

Seit der Einführung des Frauenstimmrechts vor 50 Jahren und der Annahme des Gleichstellungsartikels in der Bundesverfassung hat die Schweiz Fortschritte erzielt, was die Gleichstellung von Frau und Mann betrifft. Wie die nationalen Statistiken als auch die internationalen Vergleiche aufzeigen, können und müssen wir uns diesbezüglich dennoch verbessern. Um diese Lücken zu füllen, hat der Bundesrat in seiner Legislaturplanung 2019–2023 die Gleichstellungsstrategie 2030 beschlossen. Ziel ist es, die in Artikel 8 Absatz 3 der Bundesverfassung verankerte rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Frau und Mann zu erreichen.

«Frauen und Männer beteiligen sich gleichgestellt am wirtschaftlichen, familiären und gesellschaftlichen Leben. Sie geniessen während ihres ganzen Lebens die gleiche soziale Sicherheit und verwirklichen sich in einem respektvollen Umfeld ohne Diskriminierung und Gewalt.»

Die Umsetzung der Gleichstellungsstrategie 2030 fokussiert sich auf vier Handlungsfelder:

Berufliches und öffentliches Leben

Der Bundesrat will die Lohndiskriminierung im öffentlichen und privaten Sektor beseitigen und eine ausgewogene Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern erreichen. So wird ermöglicht, dass die bezahlte Erwerbstätigkeit und die unbezahlte Haus- und Betreuungsarbeit ohne finanzielle Einbussen ausgeglichen zwischen Frau und Mann aufgeteilt werden können. Ferner soll die Rentensituation der Frauen verbessert sowie die Geschlechterverteilung in der Ausbildung, in allen Berufsgruppen, auf allen Verantwortungsebenen und in allen Entscheidungsgremien ausgewogener gestaltet werden. Dazu gehört etwa ein höherer Frauenanteil in Führungspositionen von Hochschulen oder die Förderung von Männern in Gesundheits- und Bildungsberufen.

«Die wirtschaftliche Autonomie der Frauen wird während ihres ganzen Lebens gestärkt, unabhängig von ihrem Zivilstand und ihrer familiären Situation.»

Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Frauen und Männer sollen die gleichen Möglichkeiten haben, einer bezahlten Erwerbstätigkeit nachzugehen, unabhängig vom gewählten Familienmodell. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie muss künftig einfacher werden. Gelingen kann dies unter anderem durch Schaffung familienfreundlicher Rahmenbedingungen, wie ausreichende, qualitativ gute und bezahlbare familienergänzende Betreuungsangebote. Ziel des Bundesrates ist es zudem, das Armutsrisiko von Familien, insbesondere von alleinerziehenden Müttern und Vätern, zu reduzieren.

«Frauen und Männer profitieren von Rahmenbedingungen, welche die Vereinbarkeit von Privat-, Familien- und Erwerbsleben sowie die ausgeglichene Aufteilung von bezahlter Arbeit und unbezahlter Haus- und Familienarbeit begünstigen.»

Geschlechtsspezifische Gewalt

Geschlechtsspezifische Gewalt ist in der Schweiz ein weitverbreitetes Problem, das grosses Leid, aber auch hohe soziale und wirtschaftliche Kosten verursacht. Der Bundesrat hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verringern. Hierzu sollen Massnahmen zum Opferschutz – wie etwa Projekte zur Gewaltprävention – verstärkt sowie Täterinnen und Täter vermehrt zur Verantwortung gezogen werden.

«Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt nehmen ab, und die persönliche Sicherheit der Frauen verbessert sich.»

Diskriminierung

Frauen und Männer sollen während ihres ganzen Lebens die gleichen Chancen haben. Dies kann sichergestellt werden, indem alle Formen von Diskriminierung, Sexismus und Geschlechterstereotypen beseitigt werden. Chancengleichheit von Kindesbeinen an und insbesondere in der Ausbildung ist zentral, denn Geschlechterstereotypen haben oft einen Einfluss auf die Berufswahl. So will der Bundesrat beispielsweise sicherstellen, dass im Bundesrecht keine Regelungen existieren, die geschlechterdiskriminierend sind.

«Diskriminierung, Sexismus und Geschlechterstereotypen werden gesellschaftlich nicht mehr toleriert und schränken die Lebensformen der Frauen und Männer nicht mehr ein.»

Massnahmen bis Ende Jahr

Zu jedem dieser Ziele enthält die Strategie eine Reihe von Massnahmen, die sowohl national als auch international ausgerichtet sind. Ihre Umsetzung wird bis Ende 2021 in einem detaillierten Massnahmenplan, der neue Massnahmen des Bundes und allenfalls der Kantone und Gemeinden enthalten kann, konkretisiert. Ende 2025 wird eine Zwischenbilanz gezogen und die Strategie nötigenfalls angepasst.

Gleichstellung noch nicht erreicht

Die Gleichstellung von Frau und Mann ist in der Bundesverfassung seit 1981 verankert. Trotzdem ist die Gleichstellung in der Schweiz in einigen Bereichen noch nicht sichergestellt: Frauen verdienen im Durchschnitt 19 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Über 55 Mal pro Tag wird eine Straftat im häuslichen Bereich verübt, in 70 Prozent der Fälle ist das Opfer weiblich. Fehlende Individualbesteuerung und erschwerte Vereinbarkeit von Beruf und Familie halten Frauen oft vom Arbeitsmarkt fern und hindern viele Männer daran, vermehrt familiäre Aufgaben zu übernehmen. Fachkräftemangel, finanzielle Risiken bei Trennung, Altersarmut und einseitige Belastung des Mannes als «Hauptversorger» können Folgen hierfür sein und negative Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft haben.

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