«Den Jugendlichen etwas Positives auf den Weg geben»

Interview mit Lorena Herrli, Auszubildende zur Dipl. Pflegefachfrau HF bei der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich

Wo liegen die Gründe für einen solchen Personalmangel, was denken Sie?
Es ist schwierig, diese Ausbildung auf dem 2. Bildungsweg zu machen, wenn die finanziellen Mittel nicht vorhanden sind. Hätte ich all die Jahre nicht gespart, hätte ich wieder zu meinen Eltern ziehen müssen, und es wäre für mich nicht möglich gewesen, diese Ausbildung zu absolvieren, beziehungsweise. ich hätte mich sehr wahrscheinlich nicht dafür entschieden. Ab einem gewissen Alter ist es schwierig, von einem solch niedrigen Ausbildungslohn zu leben. Glücklicherweise gibt es bereits vereinzelte Unternehmungen, die darauf Rücksicht nehmen und einen etwas höheren Lohn zahlen. Es sind aber leider viel zu Wenige, die es so handhaben. Gründe dafür sind auch die unregelmässigen Arbeitszeiten sowie die Belastung im Beruf. Es ist wie ein Rattenschwanz: Je weniger Personal vorhanden ist, desto grösser wird auch die Belastung. Ich bin froh, dass wir in der Psychiatrie Früh-, Spät- und Nachtdienst haben. Es gibt aber Institutionen, die immer noch die geteilten Dienste haben. Das wäre für mich ein Ausschlusskriterium gewesen, diese Ausbildung zu machen.

Wie und weshalb haben Sie sich für diesen Beruf entschieden?
Ich habe mich in der 3. Oberstufe für die kaufmännische Ausbildung entschieden, nachdem ich nicht ganz sicher war, ob Dentalhygienikerin auch eine Möglichkeit für mich gewesen wäre. Ich habe dann eine Lehrstelle im technischen Handel gefunden. Zu Beginn hatte ich kleine Startschwierigkeiten. Ich hatte das Gefühl, ins kalte Wasser geworfen zu werden, nicht zu wissen, was auf mich zukommt, und nicht verstehen zu können, was die Erwachsenen genau wollen und wie man sich zu verhalten hat. Dennoch habe ich die Lehre erfolgreich abgeschlossen und mich nach 2 Jahren dazu entschlossen, eine Weiterbildung als Sachbearbeiterin Personalwesen zu machen, wobei ich mir erhoffte, näher an den Menschen zu sein.

Ich habe danach auch die Stelle gewechselt und bei einer Headhunting-Firma, die sich auf die Vermittlung von Kaderstellen spezialisiert hat, begonnen zu arbeiten. Der Umgang im Team hat mir aber überhaupt nicht gefallen, und die Stimmung untereinander war sehr gehässig. Mir ging es zu der Zeit sehr schlecht, weshalb ich mich dann dazu entschlossen habe, während der Probezeit zu künden und wieder in den technischen Handel zu wechseln. Es hat sich jedoch abgezeichnet, dass meine Zukunft nicht im kaufmännischen Bereich, sondern in der Pflege liegt.

Ich wollte nicht nochmals eine Lehre abschliessen, habe aber erfahren, dass die Ausbildung zur Dipl. Pflegefachfrau auch auf dem 2. Bildungsweg möglich ist, dies, ohne eine Ausbildung als Fachangestellte Gesundheit gemacht zu haben. So bin ich zum Zentrum für Ausbildung im Gesundheitswesen (ZAG) in Winterthur gekommen und habe dort das Eignungsverfahren absolviert. Es hat mir viel Spass gemacht, und ich war von der Art und Weise begeistert, wie im Team miteinander umgegangen wurde, wie die feste Zusammenarbeit funktionierte, und auch diese Dynamik innerhalb des Teams hat mich fasziniert. Es war auch durchaus erlaubt und erwünscht, dass man sich persönlich mitteilt. Ich finde es schön, dass man nicht einfach nur funktionieren muss, sondern auch der Mensch dahinter wichtig ist.

Dann habe ich mich in der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (PUK) beworben und konnte so vor 2,5 Jahren hier beginnen. Das erste Praktikum durfte ich auf der Geriatrie-Station machen. In der Psychiatrie findet das erste Praktikum jeweils entweder in der Geriatrie oder im Spital statt, um auch das Somatische kennen zu lernen. Für mein zweites Praktikum wurde ich in die Akutstation für Erwachsene, mit Schwerpunkt bipolare Störungen, eingeteilt. Dort habe ich extrem viel gelernt. Zu Beginn hat man darauf geachtet, dass man mich in Schutz nimmt und ich vor allem eine beobachtende Rolle einnehmen konnte. Danach durfte ich zeigen, was ich bereits gelernt habe, und auch Dinge ausprobieren. Bei sehr herausfordernden Situationen konnte ich auf dieser Station ebenfalls mitwirken; insbesondere bei der gesamten Teamtechnik. Das heisst, wie man dafür sorgen kann, dass ein Patient, der sehr aggressiv ist, möglichst schnell und schmerzfrei für alle Beteiligten in ein Abschirmzimmer gebracht werden kann. Dafür gibt es extra einen Aggressions-Management-Kurs, bei dem das Personal geschult wird. Das Wichtigste ist immer die verbale Deeskalation. Falls es dennoch zu einem Zugriff kommen sollte, wird geschult, wie die Sicherheit gewährleistet werden kann. Ich konnte mit schwierigen und belastenden Situationen im Vergleich zu meiner Zeit im kaufmännischen Bereich sehr gut umgehen. Meine Selbstsicherheit hat sich durch meine Tätigkeit unglaublich verbessert. Jetzt bin ich seit letztem März auf der Station der Jugendpsychiatrie und weiss, dass dies weiterhin mein Schwerpunkt bleiben wird; auch nach meiner Ausbildung.

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