Die alternde Bevölkerung stellt die Gesellschaft vor vielfältige Herausforderungen. Betroffen davon ist auch der Arbeitsmarkt. Der Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Mit der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative dürfte das ohnehin schon aktuelle Thema Fachkräftemangel an Gewicht gewinnen. Auf diese Situation hat der Bundesrat reagiert und im Mai dieses Jahres Massnahmen beschlossen, mit denen er das inländische Arbeitskräftepotenzial weiter fördern will. Ziel ist etwa, die Konkurrenzfähigkeit von älteren Arbeitnehmenden sicherzustellen und schwer vermittelbaren Stellensuchenden den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Ebenso sollen hier lebende Ausländer besser in den Arbeitsmarkt integiert werden.
Demografisches Altern – eine wachsende Herausforderung
Die Menschen in der Schweiz werden immer älter, gleichzeitig ist die Geburtenrate tief. Damit verschiebt sich auch das Verhältnis von Arbeitnehmenden und Pensionierten in der Bevölkerung: Der Anteil der Erwerbstätigen nimmt gegenüber dem Anteil der Personen im Rentenalter ab – eine Entwicklung, die sich zukünftig noch verstärken dürfte. Gemäss Schätzungen wird es allein im Jahr 2035 auf 100 Erwerbstätige mehr als 50 Personen im Pensionsalter geben. Dieser demografische Wandel wirkt sich nicht zuletzt auch auf den Arbeitsmarkt aus, indem qualifizierte Arbeitskräfte zunehmend knapp werden. Schon heute ist in manchen Branchen ein teils akuter Fachkräftemangel bemerkbar.
Der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte wird sich allerdings nicht nur in der Schweiz verschärfen, sondern auch auf europäischer Ebene, denn die Entwicklung der Altersstruktur verläuft in zahlreichen EU-Ländern nicht anders. Bislang stand die Schweiz im internationalen Vergleich recht gut da. Aufgrund der Personenfreizügigkeit mit der EU können Schweizer Arbeitgeber den Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften zurzeit mit solchen aus dem benachbarten Ausland schnell und unmittelbar ausgleichen. Das Abkommen, das seit 2002 in Kraft ist, bietet für den Wirtschaftsstandort Schweiz offensichtliche Chancen, doch waren und sind damit auch Risiken und Befürchtungen verbunden, wie etwa eine ungebremste Zuwanderung, eine dadurch höhere Arbeitslosigkeit oder Lohndumping.
Mit der überraschenden Annahme der eidgenössischen Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» im Februar 2014 hat das Schweizer Stimmvolk genau solche Befürchtungen zum Ausdruck gebracht. Der Auftrag an die Politik war klar: Die Schweiz soll die Zuwanderung grundsätzlich eigenständig regeln, und die Zuwanderung soll reduziert werden.
Massnahmen gegen zu hohe Einwanderung
Als Antwort auf den Volksentscheid hat der Bundesrat bereits im September 2014 neue Massnahmen in Aussicht gestellt, um das Potenzial an inländischen Arbeitskräften besser auszuschöpfen. Gleichzeitig soll mit den Massnahmen der Abhängigkeit von ausländischen Arbeitskräften entgegengewirkt werden.
Ein besonderes Augenmerk sollte dabei Massnahmen zukommen, welche die Beschäftigung von weiblichen und älteren Arbeitskräften fördern, sowie Massnahmen im Bildungsbereich, damit der Arbeitskräftemangel möglichst gering gehalten werden kann.
Erste konkrete Schritte zur Steuerung der Zuwanderung bzw. zur stärkeren Nutzung von inländischen Arbeitskräften hat der Bundesrat Ende 2017 mit Gesetzesänderungen auf Verordnungsebene festgelegt. Unter anderem sehen die Verordnungsänderungen eine Stellenmeldepflicht in Berufsarten mit hoher Arbeitslosenquote vor. Damit soll die Vermittlung von stellensuchenden Personen, die bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) angemeldet sind, gefördert werden. Die Massnahme ist sei eineinhalb Jahren in Kraft.
Inländische Arbeitskräfte sollen stärker profitieren
Eine Reihe von zusätzlichen Massnahmen zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials hat der Bundesrat sodann im Mai dieses Jahres beschlossen. Auch diese Massnahmen zielen darauf ab, dass Schweizer Unternehmen möglichst viele inländische Arbeitskräfte rekrutieren können. Im Fokus stehen etwa die Konkurrenzfähigkeit von älteren Arbeitskräften, der Wiedereinstieg von schwer vermittelbaren Stellensuchenden in den Arbeitsmarkt und die bessere Integration von hier lebenden Ausländern in diesen. Zudem sollen ausgesteuerte Personen im Alter von über 60 Jahren eine existenzsichernde Überbrückungsleistung bis zur ordentlichen Pensionierung erhalten.
Im Folgenden sollen die verschiedenen Massnahmen kurz vorgestellt werden.
Stellenmeldepflicht
Die Stellenmeldepflicht wurde im Zuge der Umsetzung des «Inländervorrangs light» entworfen, den die Politik nach der vom Volk angenommenen Masseneinwanderungsinitiative beschlossen hatte. Sie wurde am 1. Juli 2018 in Kraft gesetzt, mit einer zeitlichen Staffelung. Seither müssen Unternehmen offene Stellen in Berufsarten, in denen die Arbeitslosenquote schweizweit einen Schwellenwert von 8 Prozent erreicht, den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) vorab melden. Nach einer ersten Angewöhnungsphase wird der Schwellenwert per 1. Januar 2020 auf 5 Prozent gesenkt.
Die Informationen über die gemeldeten Stellen sind während einer Frist von fünf Tagen ausschliesslich den bei einem RAV registrierten Stellensuchenden zugänglich; damit erhalten diese Personen auf dem Stellenmarkt einen zeitlichen Vorsprung, den sie für ihre Bewerbung nutzen können. Darüber hinaus vermittelt das RAV passende Dossiers innerhalb von drei Tagen an die Arbeitgeber.