Big Brother

Überwachung am Arbeitsplatz

Verhältnismässigkeit der Überwachungsmassnahme

Liegen sachliche Gründe für eine bestimmte Überwachungsmassnahme vor und überwiegen die Interessen an dieser Massnahme das Interesse der Arbeitnehmenden am Schutz ihrer Privatsphäre, muss die fragliche Massnahme in Bezug auf den mit ihr verfolgten Zweck zusätzlich auch vor dem Prinzip der Verhältnismässigkeit standhalten. Das heisst, die Massnahme muss geeignet und insbesondere für das angestrebte Ziel erforderlich sein, mit anderen Worten darf der Zweck der Überwachungsmassnahme nicht durch ein milderes Mittel erreicht werden können, welches weniger stark in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmenden eingreift. Letztlich muss die Massnahme auch in einem vernünftigen Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen.

Im Falle der Hochschule Luzern stellt sich daher die Frage, ob die Datensammlung mittels der angebrachten Sensoren tatsächlich erforderlich ist, zumal die Raumbelegung – zumindest die Unterrichts- und Sitzungsräume – allenfalls auch mittels Abgleich der Stundenpläne und der Klassenspiegel ermittelt werden könnten.

Sodann ist im Rahmen der Verhältnismässigkeit auch die zeitliche Komponente bzw. die Einsatzdauer der entsprechenden Massnahme zu beachten. Bestimmte Zwecke verlangen keine permanente Überwachung, und spätestens bei der Erreichung des angestrebten Ziels ist der weitere Einsatz nicht nur nicht mehr erforderlich und damit unverhältnismässig, sondern wird auch nicht mehr durch ein berechtigtes Interesse gerechtfertigt. So mag es zum Zweck der Optimierung der Raumbelegung zulässig sein, dass eine Hochschule in Unterrichts- und Sitzungsräumen sowie in bestimmten Büros Sensoren anbringt, sobald die für die Analyse notwendige Datensammlung jedoch abgeschlossen ist, entfällt das überwiegende Interesse an den Sensoren, sie müssen entfernt werden.

Abhören von Telefongesprächen

Ohne ein entsprechendes Reglement ist unklar, ob Arbeitnehmende zur privaten Telefonnutzung berechtigt sind. Bestehen keine ausdrücklichen Einschränkungen, wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass private Telefonate in einem gewissen Rahmen vom Arbeitgeber geduldet sind und keine Überwachung besteht.

Von Arbeitnehmenden am Arbeitsplatz geführte Telefongespräche dürfen nur aus Gründen der Leistungskontrolle oder aus Sicherheitsgründen mitgehört oder gar aufgezeichnet werden. Darüber hinaus müssen die entsprechenden Mitarbeiter darüber eindeutig und rechtzeitig in Kenntnis gesetzt werden und damit einverstanden sein.

Ein sachlicher Grund für das Abhören von Telefonaten besteht beispielsweise dann, wenn ein Verbot Auslandsgespräche über das Geschäftstelefon zu führen, in einem Nutzungsreglement festgehalten ist. Das Abhören stellt grundsätzlich auch ein taugliches Mittel dar, um einen diesbezüglichen Missbrauchsverdacht zu klären. Trotzdem erweist sich diese Überwachungsmassnahme allenfalls als unverhältnismässig, da das damit verfolgte Ziel auch durch eine technische Vorrichtung, welche Auslandsanrufe verhindert oder eine vorgängige Autorisierung verlangt, erreicht werden kann. Ist eine solche mildere Massnahme zur Erreichung eines definierten Ziels denkbar, erweist sich die Telefonüberwachung als unverhältnismässig und damit unzulässig. Sodann ist auch die zeitliche Komponente zu überprüfen, zumal bestimmte Zwecke keine andauernde Überwachung verlangen. So kann es beispielsweise zum Zweck der ökonomischen Optimierung zulässig sein, die zurückgelegten Fahrwege von Firmenfahrzeugen zu erfassen und auszuwerten; dürfen die Fahrzeuge aber auch privat genutzt werden, muss die technische Überwachungsmassnahme während der Freizeit ausgeschaltet sein.

Überwachung des E-Mail-Verkehrs

Das personenbezogene Auswerten der Logdaten bezüglich des «Surfen» und «Mailen» am Arbeitsplatz ist grundsätzlich nicht zulässig (Art. 26 Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz). Der Einsatz von Key-Loggern und anderen Überwachungsprogrammen, welche jede Tätigkeit der Mitarbeitenden am Computer erfassen, ist daher ohne richterliche Anweisung verboten, ebenso wie der flächendeckende sogenannte Content Scanner, welcher jedes gesendete oder erhaltene E-Mail auf vordefinierte Stichwörter untersuchen und entsprechend reagieren kann (Sperrung/Löschung der E-Mail, Benachrichtigung des Systemadministrators oder auch der vorgesetzten Person). Ohnehin ist die Tauglichkeit solcher Programme fragwürdig, da sie durch das Ausschreiben von Spezialzeichen oder durch eine verklausulierte Sprache leicht umgangen werden können.

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