Big Brother

Überwachung am Arbeitsplatz

Vor Kurzem wurden an einer Hochschule von Mitarbeitenden Sensoren in Unterrichts- und Sitzungsräumen und auch in Büros entdeckt. Gemäss Aussage der Hochschule dienen die Sensoren der genauen Ermittlung der Raumbelegung. Aufgrund der daraus gewonnenen Erkenntnisse soll die Planung der Raumeinteilung optimiert werden. Die Mitarbeitenden der Hochschule fühlen sich durch die Sensoren gestört und befürchten eine Überwachung der Präsenzzeiten (Artikel 20min vom 3. Mai 2019).

Immer wieder tauchen im Zusammenhang mit dem Thema Überwachung am Arbeitsplatz Fragen hinsichtlich deren Zulässigkeit auf. Seien es die eingangs erwähnten Sensoren, das Mithören von Telefonaten durch den Vorgesetzten oder dessen Zugriff auf die E-Mail-Accounts von Mitarbeitenden: Sowohl seitens des Arbeitgebers als auch seitens der Arbeitnehmenden bestehen oft grosse Unsicherheiten darüber, ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen solche Überwachungsmassnahmen rechtlich zulässig sind.

Grundsatz

Der Arbeitgeber hat auf die Gesundheit der Arbeitnehmenden gebührend Rücksicht zu nehmen, er muss die Persönlichkeit der Arbeitnehmenden achten und schützen. Somit sind im Grundsatz Überwachungs- und Kontrollsysteme, die der Verhaltensüberwachung der Mitarbeitenden dienen, illegal (Art. 26 Abs. 1 Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz [ArGV3]).

Zulässig sind auf rein technische oder sachliche Kriterien begrenzte Kontrollen, die keinen Bezug zur Person des Arbeitnehmers nehmen. Anerkannt ist der Einsatz von Überwachungssystemen zur Überwachung von Produktionsabläufen, aus Sicherheitsgründen und in bestimmten Fällen auch für die Leistungsüberwachung. Sind Überwachungs- oder Kontrollsysteme aus solchen Gründen erforderlich, sind sie dennoch so zu gestalten und anzuordnen, dass die Gesundheit und die Bewegungsfreiheit der Arbeitnehmer dadurch nicht beeinträchtigt werden (Art. 26 Abs. 2 ArGV3).

Interessenabwägung

Einem allfälligen berechtigten Interesse eines Arbeitgebers an einer bestimmten Überwachungsmassnahme stehen immer die Rechte der Arbeitnehmenden auf den Schutz ihrer persönlichen Integrität entgegen. Auch wenn also ein berechtigtes Interesse an einer Massnahme durch den Arbeitgeber besteht, muss dieses das Interesse der Mitarbeitenden am Schutz ihrer Privatsphäre überwiegen.

Ein überwiegendes Interesse an einer Überwachungsmassnahme ist insbesondere dann anzunehmen, wenn es um Sicherheitsaspekte geht. Zu denken ist dabei an eine Videoüberwachung von Kassenbereichen oder von unübersichtlichen Parkplätzen. Auch kann die Einhaltung von Reglementsbestimmungen oder Weisungen zur Dokumentenverwaltung oder der Schutz anderer Arbeitnehmenden vor Mobbing ein berechtigtes Interesse an einer Überwachungsmassnahme darstellen, ebenso wie eine Messung von Kundenfrequenzen oder eine Analyse des durchschnittlichen Verhaltens von bestimmten Kundenkategorien. Unzulässig wäre es jedoch, Mitarbeitende unter einem solchen Vorwand mit GPS-Trackern auszustatten und ihnen aufgrund deren Auswertung beispielsweise vorzuhalten, sich zu lange mit einem Arbeitskollegen aufgehalten zu haben. Dies würde einer unzulässigen Verhaltensüberwachung gleichkommen.

Im Fall der Hochschule Luzern war diversen Artikeln zu entnehmen, dass die rund 500 Infrarotsensoren in Unterrichts- und Sitzungsräumen sowie in den Büros Aufschlüsse über die Raumbelegung geben sollen, um die Ausnutzung der entsprechenden Räume zu optimieren und damit dem bestehenden Platzmangel entgegenzuwirken. Dazu würden die Sensoren aufzeichnen, ob, wann und in welchen Zonen sich Personen aufhalten sowie die Raumtemperatur und die Luftfeuchtigkeit messen. Sofern dazu keine personenbezogene Datenauswertung erfolgt, wie von der Hochschule bestätigt, stellt dieser Zweck ein berechtigtes, das Interesse der Mitarbeitenden am Schutz ihrer Persönlichkeit überwiegendes Interesse dar.

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