Dringend gebraucht, gering geschätzt

Systemrelevante Berufe

Geringes Ansehen, niedrige Löhne

Ein weiteres Ergebnis der Erhebung ist, dass die geringe Wertschätzung systemrelevanter Berufe oft mit geringer Entlohnung einhergeht. Während hoch angesehene Berufe wie Human- oder Zahnmedizin hoch bezahlt werden, erhalten zum Beispiel Altenpfleger(innen) ein deutlich unterdurchschnittliches Erwerbseinkommen, jedoch eine zumindest durchschnittliche Anerkennung. «Der Bereich der Steuerung und Überwachung des Verkehrsbetriebs ist ein Beispiel für eine Berufsgruppe, bei der es umgekehrt ist: überdurchschnittlicher Stundenlohn, dafür weniger gesellschaftliche Anerkennung. Für die Gruppe der Polizei-, Gerichts- und Justizvollzugsberufe lässt sich dieselbe Tendenz erkennen, wenn auch jeweils nur mit geringfügiger Abweichung vom Durchschnitt», heisst es in der Studie.

Mehr Frauen als Männer

Für einen massgeblichen Teil der systemrelevanten Berufe stellen die Autorinnen einen Frauenanteil von über 70 Prozent fest, während klassische «Männerberufe» nur einen kleinen Teil der systemrelevanten Berufe ausmachen. Damit nicht genug, denn während die Herausforderungen der aktuellen Krisensituation zu einem grossen Teil von Frauen getragen werden, leiden sie auch noch unter einem deutlichen Gender Pay Gap in Höhe von 16 Prozent. «Zwar ist die Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern in diesen Bereichen kleiner als im Durchschnitt aller Berufe in Deutschland (20 Prozent). Dies liegt jedoch zum Teil daran, dass das Lohnniveau in diesen Berufsgruppen auch insgesamt gering ist», so das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

Dank allein genügt nicht

Wenn eine deutliche Mehrheit der systemrelevanten Beschäftigten gemessen am Einkommen und am sozialen Prestige nur eine unterdurchschnittliche Wertschätzung erfährt und wenn viele dieser Berufsgruppen zudem von akutem Personalmangel betroffen sind, kommen die Autorinnen der Studie zu dem Schluss, dass «neben einem verantwortungsvollen Umgang mit diesem Fachkräftemangel unter anderem eine bessere Entlohnung und tarifvertragliche Absicherung nötig» seien. Die aktuelle Situation zeige deutlich, dass eine Debatte über die Rolle der Daseinsvorsorge überfällig ist: «Ebenso schnell wie Konsens darüber bestand, welche Berufsgruppen angesichts der Krise zu den unverzichtbaren Kräften des gesellschaftlichen (Über-)Lebens gehören, so schnell sollten sich diese konkreten Massnahmen umsetzen lassen, um zu einer höheren Entlohnung, besseren Arbeitsbedingungen sowie einer allgemeinen Aufwertung bestimmter Berufe beizutragen.»

Die Politik könne einiges dafür tun, dass sich diese Wertschätzung in einer besseren Bezahlung und einer grösseren Arbeitsplatzsicherheit niederschlage. «Dazu wären mehr verbindliche Tarifverträge für viele der systemrelevanten Berufsgruppen genauso wichtig wie generell eine bessere Entlohnung dieser Berufe. Diese und andere aktive Massnahmen, um gerade Frauen im Berufsleben besserzustellen und den Gender Pay Gap abzubauen, würden systemrelevante Berufsgruppen auch attraktiver machen und mehr Menschen in diese so wichtigen Bereiche bringen», so das DIW.

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