Im Aargau wird den Mittelschullehrpersonen und anderen Kantonsangestellten nach einem Grossratsbeschluss vom 6. März 2018 weiterhin der Zugang zum Kantonsparlament verwehrt. Der Aargauische Mittelschullehrpersonenverband (AMV) bedauert dieses befremdliche Beharren auf einer heiklen Regelung.

Wer im Kanton Aargau öffentlich-rechtlich angestellt ist, darf kein Grossratsmandat annehmen. Es gab immer wieder Anstrengungen, diese Unvereinbarkeitsklausel zu lockern, damit zum Beispiel auch Kantonspolizistinnen und -polizisten oder Mittelschullehrpersonen sich ins Kantonsparlament wählen lassen können. Zuletzt am 6. März 2018 diskutierte der Grosse Rat des Kantons Aargau eine solche Lockerung, nachdem die Regierung binnen kurzer Zeit zwei entsprechende Vorstösse zurückgewiesen hatte. Mit 72 zu 62 Stimmen sprach sich das Kantonsparlament schliesslich dagegen aus, ein solches Ansinnen weiterzuverfolgen.

Das Resultat befremdet aus mehreren Gründen. Grundsätzlich scheint es problematisch, dass Menschen im öffentlichen Dienst in ihrem passiven Wahlrecht beschnitten werden, weil sie rein formal betrachtet für den Kanton arbeiten. Weder Kantonspolizistinnen und -polizisten noch Mittelschullehrpersonen sind direkt in die politischen Prozesse der Exekutive eingebunden. Hinsichtlich der Gewaltentrennung hier ein Problem sehen zu wollen, erscheint spitzfindig. Ohne Zugang zum Parlament ist es freilich auch aus standespolitischer Sicht schwierig, direkt für eine starke Mittelschule einzutreten oder den verbreiteten Zerrbildern unserer Tätigkeit entgegenzuwirken. Anderen Institutionen – ganz zu schweigen von privatwirtschaftlichen Interessengruppen – ist dies ohne grössere Hindernisse möglich. Dass mit der Einschränkung des passiven Wahlrechts auch wichtige Grundrechte einer Bürgerin oder eines Bürgers tangiert werden, sollte ebenfalls zu denken geben – umso mehr, weil kantonale Parlamentsarbeit zum Beispiel für Mittelschullehrpersonen in immerhin 15 von 19 Deutschschweizer Kantonen möglich ist. Noch erstaunlicher scheint das Festhalten an der Unvereinbarkeitsklausel in ihrer heutigen Form, wenn man sich vergegenwärtigt, dass zum Beispiel die Aargauer Mittelschullehrpersonen seit gut 15 Jahren eigentlich gar nicht mehr direkt beim Kanton angestellt sind. Und selbst wenn man hier ein Hindernis sieht, bleibt der Umstand, dass Interessenkonflikte im Rahmen der Parlamentsarbeit bei anderen Berufsgruppen schon heute problemlos mit präzisen Ausstandsregelungen vermieden werden.

Zuletzt ist die Entwicklung auch schlicht bedauerlich, denn mit einer Lockerung der Klausel hätten Leute politisch mitarbeiten können, die quer durch das politische Spektrum vertreten sind und sich auch ausserhalb der Politik vielseitig engagieren. Man sollte eigentlich nicht daran erinnern müssen: Sinnvoll reguliert ist mehr Teilnahme gut für die Demokratie – ganz im Gegensatz zur rechtlich bestenfalls fragwürdigen Ungleichbehandlung einzelner Bürgerinnen und Bürger.

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