Wie der Spatz in der Hand

Fachtagung Brunnen 2017

Tiefschlaf als wichtiger Prozess

Der Mythos, dass der «Schlaf vor Mitternacht der Beste ist» gründet daher, dass in den ersten drei Stunden des Schlafes die meisten Tiefschlafphasen durchlaufen werden. Diese sind am Erholsamsten, weil das Hirn diese Ruhe braucht, um Gedanken sortieren und interne «Reparaturtätigkeiten» vornehmen zu können. In dieser Phase werden auch Erinnerungen gefestigt, indem das Hirn prüft, was tagsüber wichtig war und diese Informationen speichert. Unwichtiges wird weggeräumt und schafft Platz für Neues.

Leiden Menschen unter Schlafstörungen kommen sie nicht in diese Tiefschlafphasen und die zuvor beschriebenen Mechanismen können nicht vollzogen werden. Die Folge sind Konzentrations- und Gedächtnisprobleme. Es fehlt Betroffenen ausserdem am genauso wichtigen REM-Schlaf, in welchem man träumt und in dem Prozesse gefestigt werden. Dies ist auch der Grund, weshalb Neugeborene so viel schlafen: innert kurzer Zeit müssen sie enorm viel verarbeiten und verbringen deshalb rund die Hälfte ihres Schlafs im REM-Schlaf. Schlaf ist aber nicht nur für die «Ordnung im Hirn», sondern auch für die Gesundheit wichtig – so heilen Wunden in der Nacht schneller, weil dann das Wachstumshormon stärker ausgeschüttet wird.

Zu diesem Verarbeitungsprozess gehören auch Angst- und Stressträume, so Bahner. Das Hirn versucht in solchen Fällen Lösungen für ein Problem zu finden, welches den Menschen bewusst oder unbewusst beschäftigt. Sie sind Ausdruck des inneren Bedürfnisses von einem überfordernden Erlebnis loszukommen. Oft beobachtet man dies bei Menschen mit posttraumatischen Problemen. Kann nun jemand vor lauter Problemen nicht schlafen, führt dies zu einer Negativspirale, weil das Hirn die Probleme nicht im Schlaf lösen kann.

Schlafbedürfnis

Das persönliche Schlafbedürfnis ist genetisch bedingt und nicht beeinflussbar; ob Lang- oder Kurzschläfer – die Zahl der Tiefschlafphasen ist davon unabhängig, sie ist bei allen Menschen ungefähr gleich. Ebenso genetisch bedingt ist, ob jemand ein Morgen- oder Abendmensch ist, wobei die Mehrheit irgendwo dazwischen, also neutral einzuordnen ist. Diese innere Uhr ist für die Gesundheit enorm wichtig – wird sie missachtet, weil man sich einem fremden Rhythmus (Arbeitszeiten oder Lebenspartner/in) sind Schlaf- und im schlimmsten Fall Gesundheitsprobleme die Folge. Dr. Bahner findet es in dieser Hinsicht denn auch bedenklich, dass Schulen teilweise bereits vor 8 Uhr die ersten Lektionen ansetzen.

Wie das Gefühl des Hungers, baut der Körper im Laufe des Tages auch ein Schlafbedürfnis auf. Nach dem Einschlafen wird der Schlafdruck sehr schnell abgebaut. Deshalb sind Powernaps so effizient – sie dürfen jedoch nicht länger als 10 – 20 Minuten dauern, da sonst bereits die Tiefschlafphase beginnt und das Aufstehen schwerer fällt. Eine Ausnahme bilden Menschen, die sehr viel lernen müssen wie Schüler und Studenten: schlafen sie zwischendurch rund 60 Minuten fallen sie in die Tiefschlafphase, welche das Gedächtnis festigt. Doch Vorsicht: wer tagsüber nicht genügend Schlafdruck aufbaut, ist am Abend nicht müde und kann nicht einschlafen.

Schlafprobleme

Dr. Bahner erklärte, dass rund 10 – 15 % der Bevölkerung behandlungsbedürftige Schlafprobleme haben, deren Ursachen physischer oder psychischer Natur sind.

Zu den physischen Ursachen gehört die Schlafapnoe, also ein Atemstillstand während dem Schlaf. Typische Symptome sind Kopfschmerzen am Morgen, extreme Schläfrigkeit tagsüber, insbesondere bei monotonen Tätigkeiten. Ältere Menschen sind öfters betroffen, weil das Gewebe weniger straff ist und sich so die Atemwege im Schlaf verschliessen können. Das Hirn erhält zu wenig oder keinen Sauerstoff mehr und weckt den Schlafenden, der dann nach Luft schnappt. Der Schlaf wird dadurch massiv gestört und es gibt keine erholsamen Tiefschlafphasen mehr. Es entsteht Stress in der Nacht, was tagsüber Stress auslöst und weitere Krankheiten wie Burnout und Depressionen nach sich zieht, warnt Bahner.

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