Lohnanspruch

Lohnanspruch bei Dissens

Urteil A-7560/2015 des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Mai 2016

B. Bemerkungen

1. Lohnfestlegung im Vertrag

Im Bund werden die Arbeitsverhältnisse durch Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrags begründet (Art. 8 Abs. 1 BPG); dies im Gegensatz zu einzelnen Kantonen, in welchen der Verfügungsweg vorgesehen ist. Nach Art. 25 Abs. 2 BPV regelt der Vertrag auch Lohnklasse und Lohn. In der Praxis wird mit Blick auf die gesetzlich vorgesehene Lohnentwicklung nur, aber immerhin der Anfangslohn geregelt.

Vorliegend ging aus den Verträgen indes kein Lohn hervor: Der Vertrag vom 19. Mai 2012 setzte für die Zeit ab 1. Juli 2014 nach Interpretation des Bundesverwaltungsgerichts keinen Lohn fest; der Vertrag vom 25. Juni 2014 wurde nicht unterzeichnet. Das Bundesverwaltungsgericht schloss auf einen Dissens in der Lohnfrage.

Bemerkenswert ist die Auffassung in der Lehre (BPG-Kommentar), dass ein Vertrag, der nicht alle vorgeschriebenen Elemente regelt, ungültig sei. Ähnlich hatte das Bundesgericht im Urteil 8C_649/2012 vom 14. Dezember 2012 bei einem Dissens in der Lohnfrage auf die Ungültigkeit des Vertrags geschlossen (vgl. kritisch ZV Info März 2013). In solchen Fällen soll kein Vertrag bestehen, sondern nur ein «faktisches Arbeitsverhältnis», das (bei Bundesangestellten) dem Privatrecht unterstellt ist; ein «faktisches Arbeitsverhältnis» nach BPG gibt es gemäss BPG-Kommentar nicht.

Die Konsequenz einer Qualifikation als privatrechtliches faktisches Arbeitsverhältnis wäre allerdings erheblich: Das Verwaltungsverfahren ist darauf nicht anwendbar, vielmehr sind die zivilen Gerichte zuständig. Es hätte dann das Staatssekretariat gar keine Verfügung erlassen dürfen und das Bundesverwaltungsgericht wäre für unzuständig gewesen.

Das Bundesverwaltungsgericht nahm den Fall an die Hand und entschied materiell. Es lässt sich daraus schliessen, dass es nicht von einer Ungültigkeit des Vertrags ausging, obwohl er nicht alle in Art. 25 BPV vorgesehenen Elemente regelte. Stattdessen hat es den Vertrag als gültig erachtet, ist auf die Sache eingetreten und hat den Vertrag in der Lohnfrage ergänzt, indes es den üblichen Lohn bestimmte.

2. Bereicherungsrecht

Auf dem Verfügungsweg hat das Staatssekretariat A. zur Zahlung einer bereicherungsrechtlichen Forderung verpflichtet. Das Bereicherungsrecht betrifft im Wesentlichen Ansprüche, die dadurch entstehen, dass ohne Rechtsgrund eine Summe bezahlt wird oder der Rechtsgrund nachträglich dahinfällt. Eine Forderung aus ungerechtfertigter Bereicherung setzt eine Bereicherung und deren Grundlosigkeit voraus. Darüber hinaus muss die Leistung unfreiwillig oder, falls freiwillig, dann irrtümlich erfolgt sein. Das Bereicherungsrecht ist ebenfalls im Obligationenrecht und damit im Privatrecht geregelt.

Das Verwaltungsrecht kennt als Rechtsquelle neben den Gesetzen, Verordnungen, Staatsverträgen etc. auch die «Allgemeinen Rechtsgrundsätze». Dabei handelt es sich um Rechtsinstitute wie die Verjährung, die Verrechnung etc., die (in der Regel) auch im Bereich des öffentlichen Rechts gelten sollen, selbst wenn sie keine rechtsatzmässige Verankerung im anwendbaren Recht aufweisen. Die Regeln über die ungerechtfertigte Bereicherung gelten ebenfalls als allgemeine Rechtsgrundsätze; im Bereich des öffentlichen Rechts werden sie regelmässig bei der Rückforderung von bezahlten Gebühren aktuell, deren Rechtsgrundlage sich nachträglich als nicht hinreichend erweist.

Man kann sich fragen, wann eine Bereicherungsforderung privat- und wann öffentlich-rechtlich sein soll: Zwar könnte man darauf abstellen, ob die Zahlung auf Verwaltungs- oder Privatrecht basierte – an diesem Rechtsgrund fehlt es der Zahlung indes gerade, da sie rechtsgrundlos (oder unter nachträglich weggefallenem Grund) erfolgte. Damit fehlt es auch an einem Rechtsverhältnis, das man als hoheitlich (Verwaltungsrecht) oder gleichgeordnet (Privatrecht) qualifizieren könnte. Es ist mithin diskutabel, ob die Behörde – wie das Staatssekretariat – den Bereicherungsanspruch gegenüber dem Privaten verfügen können soll, da die Behörde gleichzeitig zum Ausdruck bringt, dass sie für den Anspruch keinen Rechtsgrund sieht.

Vorliegend hat das Staatssekretariat den Rückzahlungsanspruch gleichwohl hoheitlich verfügt, und nicht etwa beim Zivilgericht geklagt. Es ging mithin davon aus, dass der ursprünglich gemeinte Rechtsgrund massgeblich ist und nicht die nachträglich erkannte Rechtsgrundlosigkeit. Darüber hinaus impliziert das Vorgehen des Staatssekretariats, dass es wie das Bundesverwaltungsgericht vom Zustandekommen eines öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisses ausging und nicht von dessen Ungültigkeit und einem blossen «faktischen Arbeitsverhältnis».

3. Anstellung im Stundenlohn

Wie sich aus dem Rückforderungsbetrag von Fr. 1477.05 ergibt, hatte A. in einem halben Jahr rund 250 Arbeitsstunden geleistet. Dies entspricht rund 25 % eines Vollpensums von 2100 Jahresstunden (vgl. Art. 19 VBPV). Er war dabei im Stundenlohn angestellt. Die Anstellung im Stundenlohn ist auch im Bund nur noch sehr eingeschränkt zulässig: Art. 38 Abs. 2 BPV erlaubt die Vereinbarung eines Stundenlohns nur bei «unregelmässigem Einsatz».

Wegen des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots sollen Anstellungen im Stundenlohn Ausnahmefälle sein, die gut begründet werden müssen. Die Anstellung im Stundenlohn ist mit Unsicherheiten und Nachteilen verbunden, weiss doch der Arbeitnehmer zum Voraus nicht, wie viel er verdienen und wann er arbeiten muss. Grösste Gefahr ist aber, dass der Arbeitgeber einem ungeliebten Stundenlöhner konsequent keine Arbeit zuweist. Die Anstellung im Stundenlohn ist daher nur bei tätigkeitsbedingt stark schwankenden Pensen angemessen; dabei sind die Zuschläge für Ferienanspruch und Lohnfortzahlung zu gewähren (vgl. Art. 19 VBPV).

Ob die Anstellung im Stundenlohn beim vorliegenden Pensum sachlich hinreichend zu begründen war, ergibt sich aus dem vorliegenden Entscheid nicht; die Tätigkeit von A. geht daraus nicht hervor. Die Höhe der Stundenzahl lässt Zweifel aufkommen, ob die Überleitung in ein festes Pensum nicht geboten gewesen wäre. Das Bundesverwaltungsgericht hatte diese Frage vorliegend nicht zu prüfen.

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