Achttausend gegen die Aargauer Abbaupolitik

Am 8. November 2016 demonstrierten in Aarau Lehrpersonen und andere Staatsangestellte gegen den Abbau in der Bildung und im öffentlichen Dienst. Der Verband der Aargauer Mittelschullehrpersonen AMV war prominent vertreten und blickt auf eine Veranstaltung zurück, die weit über die Kantonsgrenzen hinaus ein deutliches Zeichen gesetzt hat.

Die Protestkundgebung gegen den Abbau beim öffentlichen Dienst im Allgemeinen und bei der Bildung im Speziellen war in vielerlei Hinsicht beeindruckend. Die Aargauer Zeitung vom 9. November schätzt, dass etwa 8000 Staatsangestellte, darunter viele Lehrpersonen, daran teilnahmen. Bei der Kundgebung vor dem vollständig eingekreisten Parlamentsgebäude wurde dem Präsidenten des Grossen Rats eine Resolution übergeben, die knapp 50 000 Menschen unterschrieben hatten. Sie drücken so ihre Sorge um die Aargauer Bildungsqualität angesichts deren Zersetzung im Namen ausgeglichener Staatsfinanzen aus. Neben Lohnabbau gaben Regierung und Parlament in den letzten Jahren durch Pensenerhöhungen, unter anderem bei den Mittelschulen, und diverse andere Abbauschritte ausreichenden Anlass für solche Besorgnis. Dass nun weitere Freifachangebote und, besonders fragwürdig, Lektionen in Deutsch als Zweitsprache abgebaut werden sollen, wird nur übertroffen durch das wahnwitzige Vorhaben, aus der Primarschulzeit eines Kindes 585 Lektionen zu streichen, was umgerechnet auf sechs Jahre Primarschule einem Dreivierteljahr entspricht.

In den Reden der Vertreterinnen und Vertreter der teilnehmenden Verbände wurden solche Massnahmen heftig kritisiert, auch mit Blick auf ihre Ursachen. Die fehlenden Beträge in dreistelliger Millionenhöhe, die durch «Leistungsanalysen», «Entlastungs-», «Sanierungsmassnahmen» oder – weniger zynisch und irreführend formuliert – einfach durch massiven Abbau kompensiert werden sollen, gehen, wie die Präsidentin des Aargauer Lehrerinnen- und Lehrerverbandes alv Elisabeth Abbassi ausführte, auf Steuergeschenke zurück. Von diesen kam, gelinde gesagt, nur ein sehr kleiner Teil direkt jenen Menschen zugute, die nun auf Angebote verzichten müssen, die selbstverständlich sein sollten und es anderswo auch (noch) sind. In den Reden trafen groteske Fakten – der Grosse Rat befreite sich selbst von der Parkgebühr, die er dem Kantonspersonal auferlegte – auf ehrliche Besorgnis von Eltern und Wut von Staatsangestellten über die augenscheinlich fehlende Wertschätzung ihrer Arbeit.

Der AMV war mit unzähligen Ballons gut sichtbar vertreten; das Kollegium der Kantonsschule Wohlen trug sogar die Bildung mit zwei Kartonsärgen symbolisch zu Grabe. Seine Anliegen hat der Verband in Form eines von 411 Mittelschullehrpersonen unterschriebenen Briefs allen Grossrätinnen und Grossräten angetragen. Im Brief solidarisiert er sich auch mit den anderen Schulstufen und Berufsgruppen. Wenn es die Primarschule oder die Verwaltung oder die Polizei treffen kann, können die Mittelschulen die nächsten sein – und umgekehrt. Es ist zu hoffen, dass die Kundgebung endlich einen Wendepunkt markiert und Regierung und Parlament sich klarwerden, dass immer weniger Leute willens sind, die Demontage der Bildung und des gesamten öffentlichen Dienstes hinzunehmen.

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