«Ich kann nicht alles ändern, aber ich kann zumindest etwas tun»

Interview mit Hans Melliger, Leiter Jugendanwaltschaft

Sind Sie eher weich oder streng?

Ich würde sagen, ich bin eher genau und hartnäckig. Wenn ich bei Besprechungen das Gefühl habe, das etwas an einer Geschichte nicht stimmt, hacke ich hartnäckig auf einem Punkt herum, lasse nicht los und komme immer wieder darauf zurück.

Wenn mir jemand Lügen erzählt, damit er schnell wieder draussen ist oder alles bagtellisiert, wird’s auch genau und lang. Ich gehe dann sehr tief ins Detail und frage nach, immer und immer wieder und von jeder Seite, wechsle das Thema und komme wieder auf frühere Fragen zurück bis ich die Wahrheit gefunden habe.

Wichtig ist mir bei diesen Gesprächen, dass sie auf Augenhöhe erfolgen und darin auch das Positive herausgestrichen und ihre Leistungen gelobt werden. Meistens ist das Selbstvertrauen des Gegenübers nicht sehr gross.

Spielt es beim Umgang mit den Jugendlichen eine Rolle, ob ein Jugendwanwalt oder eine Jugendanwältin den Fall betreut?

Nein. Es kommt darauf an, welche Rolle man übernimmt. Ich muss die Rolle, des Jugendanwalts, Jugendrichters, des Chefs im Zimmer übernehmen. Den Jugendlichen muss klar sein, dass ich entscheide. Ich muss den Jugendlichen klar machen, dass je besser ich sie verstehe, desto besser bzw. richtiger ich ein Urteil fällen kann.

Es muss ihnen klar werden, dass es ohnehin ein Urteil gibt und es in ihrem Sinne ist, mit uns zu kooperieren.

Wie läuft so ein erstes Gespräch ab?

Entscheidend ist der Beginn des Gesprächs. Die Sitzordnung ist bei mir so, dass der Betroffene sich auf mich fokussieren muss. Dann frage ich was er vom Jugendstrafrecht weiss und erkläre den Rest. Danach gehen wir auf seine Persönlichkeit ein, bis ins Detail. In den ersten 10 Minuten zeigt sich, wo ich unsere Gesprächsebene finden kann. Da kommen richtig gute Typen, aber auch solche, bei denen viel verschüttet ist.

Bei der Sanktion kennen die Jugendlichen zwar die einzelnen Strafarten nicht genau, aber sie kennen z.B. die Bedeutung einer Bewährung. Die Vereinbarung von Bewährungsauflagen funktioniert deshalb gut. Natürlich müssen auch die Eltern dazu motiviert werden. Man ist manchmal wie ein Trainer im Sport und muss klare Ansagen machen.

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