Senior Fabrikarbeit

Früher in Rente oder länger arbeiten?

Herr Gerber, was kommt nach der frühzeitigen Pensionierung?

Gerber: Ich freue mich, mehr Zeit zum Lesen, für Ausflüge und das Steinbildhauen zu haben. Ausserdem werde ich im Herbst Grossvater und freue mich sehr auf diese neue Rolle. Ich denke, mir wird – insbesondere zu Beginn – meine tägliche Fahrt mit dem Velo zur Arbeit fehlen. Die Arbeit selbst werde ich nicht vermissen, denke ich, da ich – wie erwähnt – nicht zu jenen Menschen gehöre, die sich über die Arbeit definieren.

Wie war die Reaktion Ihres beruflichen Umfelds auf Ihren Entscheid?

Gerber: Mich erstaunte, dass viele Kollegen sagten «ich möchte auch» und viele meinen Entscheid bestätigten mit den Worten «Du hast recht, dass Du gehst». Das ist natürlich auch eine Momentaufnahme, aber niemand hat meinen Entscheid in Frage gestellt.
Ich bekam aber auch das mentale Schulterklopfen: «Was machen wir nur ohne Dein Fachwissen?» Aber es ist ja niemand unersetzbar, auch ich nicht.

Schwaar: Meine Mitarbeitenden haben meinen Entscheid gut gefunden. Da ich meine Führungsposition mit der Stelle meines bereits bei uns tätigen Nachfolgers getauscht habe, war dieser Rollenwechsel zu Beginn nicht immer einfach.

Wie waren die Reaktionen Ihres privaten Umfelds?

Gerber: Viele nahmen es einfach zur Kenntnis. Wir leben seit 30 Jahren in der gleichen Siedlung, wo alle ungefähr zur gleichen Zeit als junge Familien einzogen.
Meine Frau findet es gut. Sie liess sich ja bereits vor mir pensionieren und hat ihren Entscheid nie bereut. Sie freut sich über die Zeit, die sie zur Verfügung hat, auch für ihre Musik und andern Aktivitäten mit ebenfalls Pensionierten. Unsere Kinder finden es auch gut. Meine jüngste Tochter schloss im Juni ihren Master ab, hat eine Anstellung und ist somit ab Sommer 2016 auch unabhängig. Von daher ist das Timing perfekt.
Also generell waren die Reaktionen positiv. Manche Freunde sind vielleicht auch wehmütig, weil sie noch länger arbeiten müssen; entweder weil sie später Kinder bekamen, die sie nun noch unterstützen oder weil aufgrund einer Scheidung die Rente noch nicht ausreicht. Das ist natürlich eine schwierigere Ausgangslage.

Schwaar: Mein Mann war, glaube ich, der einzige der das gut gefunden hat. Mein restliches Umfeld hat meinen Entscheid nicht so richtig verstanden.

Würden Sie sich wieder so entscheiden?

Gerber:Ja, auf jeden Fall.

Schwaar: Ja, ich würde mich wieder dafür entscheiden, länger zu arbeiten. Der Übergang war aber sehr schwierig, offenbar habe ich mir zu wenig Zeit genommen, um mich auf diesen Wechsel vorzubereiten. Ich war mit vollem Herzblut bei der Arbeit und es war schwierig, loszulassen.

Tröhler: Ja, ich würde mich auch wieder so entscheiden. Ich fühle mich absolut wohl dabei. Ich habe die Wahl zu sagen, es geht oder nein, es geht nicht oder ich will nicht mehr. Es ist wirklich an mir zu sagen, wenn fertig ist, das ist ein gutes Gefühl.

Wie war oder ist für Sie die Arbeit in altersdurchmischten Teams?

Gerber: Ich hatte den Kontakt zu jüngeren Leuten immer gerne und fand die Zusammenarbeit mit ihnen toll. Ich war bei der Arbeit täglich mit Jüngeren zusammen und ich konnte mir gut vorstellen, wie ich vielleicht früher von älteren Kollegen wahrgenommen wurde. Ich habe versucht, es besser zu machen und nicht einfach auf meine Erfahrung zu pochen, sondern versucht, meine Erfahrung mit jungen, neuen Ideen zu kombinieren. Dann halt mit dem Risiko, dass etwas mal nicht auf Anhieb funktioniert.

Schwaar: Wir haben hier im Haus ein sehr tolles Team. Das hat immer gut funktioniert.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.