2% Reallohnerhöhung für alle

Empfehlung Lohnrunde 2019

Die Wirtschaftslage ist gut. So gut wie schon lange nicht mehr. Die Kantone wissen nicht mehr, wohin mit dem Geld – entgegen allen Prognosen schreiben sie massive Überschüsse. Sie wissen aber genau, wem sie das Geld nicht geben wollen: Dem öffentlichen Dienst. Und das, obwohl die «Reallohnerhöhung» in den letzten Jahren, wohl Jahrzehnten, für den öffentlichen Arbeitgeber ein Unwort war, das zum Schluss nicht einmal mehr die Gewerkschaften benutzen wollten. Das muss ein Ende haben.

Die gute Wirtschaftslage ist ohne das öffentliche Personal blosses Wunschdenken. Die Mitarbeitenden im öffentlichen Dienst leisten mit ihrer täglichen Arbeit einen erheblichen Beitrag an die zuverlässig funktionierende Infrastruktur im ganzen Land – eine Voraussetzung, die dem Werkplatz Schweiz dient, damit unsere Kolleginnen und Kollegen in der Privatwirtschaft ihrerseits ihren Beitrag leisten können – und hoffentlich auch an den hervorragenden Bedingungen in finanzieller Hinsicht teilhaben dürfen. Ob auf Bundesebene, in den Kantonen oder vor allem auch in den Gemeinden, eine leistungsfähige «Verwaltung» (es ist tatsächlich wesentlich mehr als das!) hilft allen und ist Voraussetzung für so vieles. Statt nach Budgetoptimierungen beim Personal muss deshalb nach Entwicklungsmöglichkeiten bei den Arbeitsbedingungen gesucht werden. Eine Reallohnerhöhung von 2% und der Ausgleich der Teuerung sind deshalb der richtige Start.

Das wirtschaftliche Umfeld belegt dies (auch). Die Konjunkturprognose der Expertengruppe des Bundes zeigt, dass sich die Konjunkturerholung weiter fortsetzt und es der Schweizer Wirtschaft gut geht. Folge ist, dass ein Grossteil der Kantone im Rechnungsjahr 2017 (zum Teil hohe) Überschüsse ausweist (bei tiefen steuerlichen Belastungen) – und einmal mehr das düstere Bild der Kantone vor dem finanziellen Abgrund falsch war, ziemlich falsch sogar und man sich fragen darf, wieso sich diese düsteren Prognosen stets wiederholen.

Dies muss eine gute Ausgangslage für die Lohnverhandlungen für das Jahr 2019 sein. Die Konjunktur wird in den nächsten Jahren stabil bleiben, und bei allem Respekt für vorsichtiges Budgetieren, diesmal muss etwas drin liegen – wenn nicht heute, wann dann?

Daran dürfen auch die (drohende) Steuervorlage 2017 oder Anpassungen beim Finanzausgleich nichts ändern. Argumente für eine zurückhaltende Ausgabenpolitik lassen sich immer ins Feld führen. Die Personalverbände sollten sich bei der Formulierung und Kommunikation ihrer Lohnvorstellungen von den üblichen Argumenten nicht irritieren lassen und stattdessen die positive Entwicklung der Wirtschaft im Auge behalten. Die gute Konjunktur und das von der Expertengruppe des Bundes prognostizierte Wachstum des Bruttoinlandprodukts rechtfertigen die Verwirklichung der längst fälligen Reallohnerhöhungen für das öffentliche Personal.

Zeichen der Wertschätzung

In der Schweiz sollen optimale Rahmenbedingungen herrschen, um wirtschaftlich erfolgreich und auf dem weltweiten Markt bestehen zu können. Das ist heute so. Einen Beitrag daran leisten alle, auch (und wesentlich) der öffentliche Dienst. Dann aber soll das öffentliche Personal an diesem Erfolg auch teilhaben; in schlechten Zeiten trug es die Sparlast mit, nun soll dies dank der Konjunkturerholung und den gut gefüllten Kassen der öffentlichen Hand auch honoriert werden. Es ist an der Zeit, dass die Politik gegenüber dem öffentlichen Personal Wertschätzung zeigt – nicht nur durch Worte, sondern auch Taten, genannt: Reallohnerhöhung.

Formulierung der Forderungen

Die Ausgangslage für Lohnverhandlungen kann für die Personalverbände unterschiedlich sein. 2 % Reallohnerhöhung sind ein Minimum. Wer weniger geben will, sollte dies gut begründen können – durch Reallohnerhöhungen in der jüngeren Vergangenheit.

Denkbar ist, je nach Lohnsystem auch, keine konkreten Summen oder Beträge zu nennen, sondern als absolutes Minimum eine Lohnsumme zu fordern, welche eine korrekte Umsetzung des Lohnsystems ermöglicht. Dann sollte aber auch sichergestellt sein, dass diese Beträge in Form von Reallohnerhöhungen auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ankommen.

Teuerung und Krankenkassenprämien

In den Lohngesprächen ist neben der Forderung einer Reallohnerhöhung der Ausgleich der Teuerung ein wichtiges Element. Aufgrund der positiven Konjunkturentwicklung ist Stand heute mit einem Anstieg der Teuerung zu rechnen; für das Jahr 2018 wird eine Teuerung von 0.8 % und für das Jahr 2019 von 0.7 % prognostiziert. Der Ausgleich der Teuerung (sowie allfälliger Rückstände) muss deshalb eine Selbstverständlichkeit sein, um die Kaufkraft der Löhne zu erhalten.

Zu berücksichtigen sind in den Lohnverhandlungen zusätzlich die stetig steigenden Krankenkassenprämien. Da diese nicht in den Teuerungsindex eingerechnet werden, müssen sie fairerweise beim Teuerungsausgleich berücksichtigt werden. Dabei ist auf die tieferen Einkommen zu achten und keine prozentuale Anpassung vorzunehmen, soweit ein Ausgleich dieser Teuerung vorgesehen wird – Öffentliches Personal Schweiz kann sich vorstellen, aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit, hier franken-mässige Beiträge zu sprechen, die nicht von der Lohnhöhe abgeleitet werden.

Lohngleichheit

Die praktische Umsetzung der Lohngleichheit ist noch immer nicht vollzogen. Wenigstens hat der Ständerat Ende Mai 2018 Erbarmen mit diesem geschundenen Verfassungsgrundsatz gezeigt und sich für Massnahmen gegen die Lohndiskriminierung ausgesprochen; er will Unternehmen, die mehr als 100 Mitarbeitende beschäftigen, zukünftig zur Lohnanalyse verpflichten. Noch im Frühjahr hatte er die Vorlage zur Änderung des Gleichstellungsgesetzes zur Überprüfung insbesondere hinsichtlich Alternativmodellen zur Selbstdeklaration an die Kommission für Wissenschaft, Bil-dung und Kultur (WBK) zurückgewiesen – im Sinn eines Modells der Freiwilligkeit.

Die Kommission hat daraufhin den Vorschlag des Bundesrates leicht abgeändert: Unternehmen sollen nicht bereits ab 50 Mitarbeitenden, sondern erst ab 100 Mitarbeitenden zur Lohngleichheitsanalyse verpflichtet werden. Sie müssen zukünftig kontrollieren, ob ihre Mitarbeitenden unabhängig vom Geschlecht für gleichwertige Arbeit tatsächlich den gleichen Lohn erhalten. Erfasst werden von dieser neuen Re-gelung sowohl private als auch öffentliche Unternehmen. Arbeitgeber des öffentlichen Sektors sollen zudem verpflichtet werden, die Ergebnisse und Einzelheiten zur Analyse zu veröffentlichen.

Der Ständerat macht damit einen kleinen Schritt in die richtige Richtung. Bis zu einer tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau ist es aber gleichwohl auch weiterhin ein langer Weg, weshalb es neben den gesetzlichen Regelungen Sozialpartner braucht, die in ihren Lohngesprächen gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit einfordern.

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